Der Fall hatte im Jänner 2021 für großes Aufsehen und heftige Proteste gesorgt: die damals zwölfjährige, in Österreich geborene Tina, und ihre Familie wurden in der Nacht mit massiven Polizeiaufgebot abgeholt und nach Georgien abgeschoben, nachdem ein Asylverfahren in letzter Instanz negativ beschieden worden war. Mitschüler:innen, Freund:innen und Aktivist:innen hatten eine Sitzblockade vor dem Abschiebezentrum organisiert und Medien berichteten ausführlich.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stellte nun in einem Urteil letztinstanzlich fest, dass diese Abschiebung rechtswidrig war. Bereits im März 2022 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Abschiebung festgestellt, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekämpfte dieses Urteil allerdings und legte Revision beim VwGH ein.

Dieser bestätigte nun die Rechtswidrigkeit. Laut Höchstgericht war die Abschiebung am 28. Jänner 2021 "unverhältnismäßig". Es begründete dies etwa mit Tinas Geburt und ihrem langen Aufenthalt in Österreich sowie ihrer "hervorragenden (auch schulischen) Integration". Da auch die Trennung der Familie nicht zulässig gewesen sei, gestand der Gerichtshof zu, dass auch die Abschiebung der Mutter sowie von Tinas heute sechsjähriger Schwester rechtswidrig war.

Der damalige Innenminister Karl Nehammer, heute Österreichs Bundeskanzler, verteidigte im Jänner 2021 die illegale Abschiebung und behauptete, dass keine anderen rechtlichen Möglichkeiten bestanden hätten und gab den Eltern des Mädchens die Schuld für die nächtliche Abschiebung. Der Fall löste eine politische Kontroverse über die Notwendigkeit oder Rechtswidrigkeit von Abschiebungen minderjähriger, in Österreich geborener Kinder und die Einhaltung der Kinderrechte in Österreich aus. Er führte auch zur Bestellung einer Kindeswohlkommission, deren Aufgabe es war, die Sicherstellung des Kindeswohls in Asyl- und Bleiberechtsverfahren zu überprüfen und entsprechende Empfehlungen abzugeben.