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24 January 2025

Vernachlässigtes Wähler*innenpotenzial? Über politische Problemwahrnehmungen, Alltagssorgen und Parteipräferenzen von Menschen mit Migrationshintergrund

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Wenige Wochen vor der Bundestagswahl hat das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) eine aktuellen Kurzstudie veröfftlicht. Sie zeigt, wie Menschen mit Migrationshintergrund (MH) in Deutschland politisch denken, welche Probleme ihnen wichtig sind und welche Parteien sie potenziell wählen würden. 

Rund 13 % der Wahlberechtigten in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Dieser Anteil umfasst Personen, die selbst oder deren Eltern ohne deutsche Staatsbürgerschaft geboren wurden. Laut Statistischem Bundesamt wird dieser Anteil künftig weiter steigen. Gleichzeitig ist die Wahlbeteiligung unter Menschen mit MH bislang geringer als bei der übrigen Bevölkerung. Die Ergebnisse der DeZIM-Studie zeigen jedoch, dass sich ihre Präferenzen und Wahrnehmungen in vielen Bereichen ähneln, aber auch signifikante Unterschiede je nach Herkunftsregion bestehen.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

Menschen mit Migrationshintergrund sind keine einheitliche Wählergruppe, ihre Präferenzen und Problemwahrnehmungen variieren deutlich.

  • Parteipräferenzen: Die SPD hat das größte Wählerpotenzial sowohl bei Menschen mit als auch ohne MH. 74,4 % der Befragten können sich vorstellen, die Partei zu wählen. Die Zustimmung ist besonders hoch bei Menschen mit EU-Bezug (78,6 %) und etwas niedriger bei Menschen mit Herkunft aus der ehemaligen Sowjetunion (65 %).
  • Geringe Zustimmung zur AfD: Mit nur 21,6 % hat die AfD das niedrigste Wählerpotenzial unter allen befragten Gruppen. Menschen mit Bezügen zur EU (17,6 %) oder zur MENA-/Türkei-Region (19,7 %) zeigen besonders wenig Interesse an dieser Partei. Befragte mit Bezügen zur ehemaligen Sowjetunion weisen mit 29,2 % ein leicht höheres Wählerpotenzial für die AfD auf, dennoch bleibt sie auch in dieser Gruppe die unbeliebteste Partei.
  • Wichtige politische Probleme: Wirtschaft und Inflation werden von einem Drittel aller Befragten als dringlichste Themen wahrgenommen. Menschen mit MENA-/Türkei-Bezug legen besonderen Wert auf den sozialen Zusammenhalt (23 %) und nennen häufiger als andere Gruppen Rechtsextremismus (14,4 %) als zentrales Problem.

Neben diesen zentralen Erkenntnissen zeigt die Untersuchung, dass Menschen mit Migrationshintergrund ihre wirtschaftliche Lage häufiger als besorgniserregend wahrnehmen als Menschen ohne MH. Während 63,4 % der Befragten mit MH sich „einige“ oder „große“ Sorgen machen, liegt der Anteil bei Menschen ohne MH bei 46,8 %. Auch Diskriminierungserfahrungen sowie Herausforderungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt spielen in ihren politischen Einstellungen eine wichtige Rolle.

Politisches Vertrauen und Lösungsansätze:

Die Studie offenbart auch, dass Menschen mit Migrationshintergrund skeptischer gegenüber der Lösungskompetenz der Parteien sind. Besonders in den Bereichen Migration und Wirtschaft schreiben sie keiner Partei eine klare Kompetenz zu. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, spezifische Themen wie soziale Gerechtigkeit, Diskriminierung und den Abbau struktureller Barrieren stärker in den Fokus zu rücken.

Dr. Jannes Jacobsen, einer der Autoren der Studie, betont: „Menschen mit Migrationshintergrund sind keine homogene Gruppe. Ihre Wahlpräferenzen verteilen sich über die gesamte Bandbreite des Parteienspektrums.“ Zudem wird in der Studie hervorgehoben, dass politische Teilhabe über die reine Einbürgerung hinausgeht. Der gezielte Dialog, insbesondere über sozialpolitische Themen, könnte langfristig das Vertrauen und die Beteiligung stärken.

Die repräsentative Befragung von 2.689 Wahlberechtigten wurde zwischen Dezember 2023 und März 2024 durchgeführt wurde.

Die vollständige Studie ist hier abrufbar.

Dezim Studie Wahlen
None
(3.16 MB - PDF)
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Details

Authors
Jannes Jacobsen, Mara Junge, Long Nguyen und Friederike Römer
Geographic area
Deutschland
Contributor type
Akademiker und Experten
Original source
Posted by
Marie Bayat
Country Coordinator

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